Horst LüdickeIm Gegensatz zu zahlreichen anderen Ländern stand der Dampflokbetrieb in Südafrika trotz der auch dort fortschreitenden Verdieselung und Elektrifizierung noch in voller Blüte. Mit finanzieller Unterstützung meiner Eltern war es mir möglich, das Land im November 1976 zu besuchen.
Die South African Railways standen Eisenbahnfreunden offen gegenüber: Auf eine Anfrage erhielt ich vom Reisebüro der SAR eine Stationierungsliste der Dampflokomotiven und auch einen Vorschlag für eine Rundreise, den ich nach meinen Wünschen modifizierte. Nach Bestätigung buchte ich meinen Flug und kam Mitte November in Johannesburg an. Im Hotel erhielt ich dann Heft mit sämlichen Unterlagen für meine Rundreise (Hotelvouchers, Bahnfahrkarten einschießlich Schlafwagenreservierungen, Flugticket Port Elizabeth-Durban, sogar Verpflegungsgutscheine für den Speisewagen waren enthalten). Was sich so einfach anhört, nahm im Vor-Internet-Zeitalter natürlich einige Zeit in Anspruch, denn die ganze Korrespondenz ging über den (Luft-)Postweg.
Meine Reise führte mich über Johannesburg und Pretoria nach Witbank im Kohlerevier, danach ging es über Bloemfontein nach Kimberley und De Aar in der großen Karoo. Nächstes Ziel ware Kapstadt, von dort über die Garden Route nach George und weiter nach Port Elizabeth. Es folgte ein Inlandsflug nach Durban. Letztes Ziel meiner Reise war schließlich Pietermaritzburg, von dort ging es zurück nach Johannesburg.
Rückblickend würde ich heute das eine oder andere anders planen: Damals wollte ich möglichst viele der noch vorhandenen Dampfloks ablichten, weniger Zeit im Depot und mehr an der Strecke wäre vielleicht besser gewesen. Heute würde ich auch mehr Fotos und weniger Super 8-Filmaufnahmen machen. Auch war die Reisezeit nicht ganz optimal: Auf der südlichen Halbkugel war es zu dieser Jahreszeit Frühling mit Temperaturen von über 20 Grad Celsius, dementsprechend war die Dampfentwicklung nur mäßig. Und natürlich habe ich auch das eine oder andere touristische Ziel abseits der Eisenbahn besucht, denn wann ist man schon mal in Südafrika...
Nicht verschweigen möchte ich aber auch nicht die dunkle Seite Südafrikas zur damaligen Zeit: Auch als Tourist wurde man mit der "Apartheid" (auf deutsch: Getrenntheit) zwischen "whites" und "non whites" im Dienstleistungsbereich und öffentlichem Raum tagtäglich konfrontiert. Bahnhöfe hatten getrennte Eingänge und in den Zügen herrschte strengste Rassentrennung, auch auf kleineren Bahnhöfen gab es vier Toiletten (m/w und "whites/non whites"), in Witbank war eine Fußgängerbrücke über den Güterbahnhof durch einen Gitterzaun geteilt. Auch die getrennten Badestrände am Indischen Ozean südlich von Kapstadt stimmten nachdenklich. Zwar war Südafrika damals abseits der Townships ein sicheres Reiseland und ich selbst war nicht betroffen, doch das ganze hinterließ ein ungutes Gefühl bei mir...